schulleitung:Coaching/Coachingkonzept BBS Bersenbrück: Unterschied zwischen den Versionen
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Das Personalwesen ist eine in allen Organisationen vorhandene Funktion, deren Kernaufgaben die Bereitstellung und der zielorientierte Personaleinsatz sind. In der BBS Bersenbrück wird das Personalwesen im wesentlichen durch die Kernaufgabe Personal führen dargestellt (vgl. Kernaufgabenmodell des Landes Niedersachsen). Dabei fördert die BBS die Kompetenz und die Kreativität des Personals und schafft eine Kultur der Verantwortung. | |||
Personalentwicklung und Personalförderung dienen der Qualitätsentwicklung der Schule. Die Personalentwicklung ist deshalb strategisch auf die Schulentwicklung hin ausgerichtet. Es geht dabei insbesondere um die Weiterentwicklung der fachlichen und pädagogischen Professionalität der Bediensteten einschließlich der Leitung sowie der Fähigkeit zur Zusammenarbeit. | |||
An der BBS Bersenbrück kommt dieser Kernaufgabe als ländliche Bündelschule eine besondere Bedeutung zu: Besondere Herausforderungen stellen vor allem die breite Palette an vorzuhaltenden Fähigkeiten und Professionen sowie die in fast allen Berufsfeldern im Verhältnis zu Monoschulen „dünne“ Personaldecke dar. | |||
Für die BBS Bersenbrück gehören agile Schulentwicklung und Coaching untrennbar zusammen. Beide Konzepte entstammen einer ähnlichen Grundhaltung und einem ähnlichen humanistischen Menschenbild. Daher ist das Coachingkonzept der BBS Bersenbrück nicht ohne die Bindung an die agile Schulentwicklung zu sehen. | Für die BBS Bersenbrück gehören agile Schulentwicklung und Coaching untrennbar zusammen. Beide Konzepte entstammen einer ähnlichen Grundhaltung und einem ähnlichen humanistischen Menschenbild. Daher ist das Coachingkonzept der BBS Bersenbrück nicht ohne die Bindung an die agile Schulentwicklung zu sehen. | ||
===Agile Schulentwicklung=== | ===Agile Schulentwicklung=== | ||
Die BBS Bersenbrück wird in den kommenden Jahren ihre Schulentwicklung agil gestalten. Obwohl das agile | Die BBS Bersenbrück wird in den kommenden Jahren ihre Schulentwicklung agil gestalten. Obwohl das agile Management mittlerweile zum Standardrepertoire der Organisationsentwicklung gehört, ist „Agile Schulentwicklung“ bisher kein etablierter Bestandteil des erziehungswissenschaftlichen Diskurses oder gar ein empirisch erforschter Terminus. Betrachtet man allerdings die Entwicklungswellen des Agilitätsbegriffs, so lässt sich dessen Verwendung zunächst systemtheoretisch klären und wissenschaftlich begründet auch zur Spezifizierung eines Schulentwicklungshandelns und -denkens rechtfertigen. | ||
Talcott Parsons (1951) erörterte sein [https://de.wikipedia.org/wiki/AGIL-Schema AGIL-Schema] noch als Akronym für Adaption, Goal Attainment, Inclusion und Latency im Kontext seiner Systemtheorie von Organisationen Mitte des letzten Jahrhunderts. | Talcott Parsons (1951) erörterte sein [https://de.wikipedia.org/wiki/AGIL-Schema AGIL-Schema] noch als Akronym für Adaption, Goal Attainment, Inclusion und Latency im Kontext seiner Systemtheorie von Organisationen Mitte des letzten Jahrhunderts. | ||
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In der Alltagspraxis von Schulleitung stellt sich die Frage noch einmal anders: Es geht nicht nur darum: Wer führt die Schule?, sondern um die Frage: Wer führt die Schulleitung? Führt sie sich selbst oder wird sie von anderen geführt? Dabei geht es um drei Ebenen: | In der Alltagspraxis von Schulleitung stellt sich die Frage noch einmal anders: Es geht nicht nur darum: Wer führt die Schule?, sondern um die Frage: Wer führt die Schulleitung? Führt sie sich selbst oder wird sie von anderen geführt? Dabei geht es um drei Ebenen: | ||
# Führung von oben, durch die Vorgaben des Schulministeriums | #Führung von oben, durch die Vorgaben des Schulministeriums | ||
# Führung von unten, durch die Lehrerinnen und Lehrer und die weiteren Anspruchsgruppen der Schule – durch Erwartungen und Einflussnahme, um die mit Schulleitung verbundene Hierarchiemacht für die eigenen Zwecke und Ziele auszunutzen | #Führung von unten, durch die Lehrerinnen und Lehrer und die weiteren Anspruchsgruppen der Schule – durch Erwartungen und Einflussnahme, um die mit Schulleitung verbundene Hierarchiemacht für die eigenen Zwecke und Ziele auszunutzen | ||
# Führung durch sich selbst – durch die Arbeitsorganisation, das Zeitmanagement und den Umgang mit Störungen. | #Führung durch sich selbst – durch die Arbeitsorganisation, das Zeitmanagement und den Umgang mit Störungen. | ||
Die Schulleiterin oder der Schulleiter befindet sich in einer problematischen SandwichPosition: Sie oder er hat einerseits innerhalb der Schule eine exponierte Machtposition und darf sie andererseits nur nutzen, um vorgegebene Ziele, Zwecke und Verfahrensweisen umzusetzen. | Die Schulleiterin oder der Schulleiter befindet sich in einer problematischen SandwichPosition: Sie oder er hat einerseits innerhalb der Schule eine exponierte Machtposition und darf sie andererseits nur nutzen, um vorgegebene Ziele, Zwecke und Verfahrensweisen umzusetzen. | ||
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Dafür gibt es mehrere Gründe: | Dafür gibt es mehrere Gründe: | ||
* Sich von der Vorstellung zu verabschieden, man wisse besser als die Akteure vor Ort, was gut für die Schule und die Schülerinnen und Schüler ist, fällt schwer, denn – so die Überzeugung in hierarchischen Organisationen – je höher die Position in der Hierarchie, um so mehr Überblick hat man und umso besser weiß man, was für alle (und nicht nur für einzelne vor Ort) gut ist. | *Sich von der Vorstellung zu verabschieden, man wisse besser als die Akteure vor Ort, was gut für die Schule und die Schülerinnen und Schüler ist, fällt schwer, denn – so die Überzeugung in hierarchischen Organisationen – je höher die Position in der Hierarchie, um so mehr Überblick hat man und umso besser weiß man, was für alle (und nicht nur für einzelne vor Ort) gut ist. | ||
* Die Gleichbehandlung als wesentlichen rechtsstaatlichen Grundsatz zu gewährleisten und Willkür auszuschließen, setzt generelle Vorschriften voraus, die sich nicht nur auf die strategische Zielorientierung, sondern auch auf die Wahrnehmung des operativen Geschäfts beziehen. | *Die Gleichbehandlung als wesentlichen rechtsstaatlichen Grundsatz zu gewährleisten und Willkür auszuschließen, setzt generelle Vorschriften voraus, die sich nicht nur auf die strategische Zielorientierung, sondern auch auf die Wahrnehmung des operativen Geschäfts beziehen. | ||
* Die mediale Aufmerksamkeit für die Qualität von Schule und Bildung durch TIMMS und PISA haben zu einem politischen Handlungsdruck geführt, sich – unabhängig von den konkreten Vorhaben – als handlungsmächtig zu zeigen, und dies führt zu einer operativen Hektik auf der Ebene der Administration, die sie dazu zwingt, sich nicht auf Rahmenvorgaben zu beschränken, sondern in das operative Geschäft der Schule einzugreifen. | *Die mediale Aufmerksamkeit für die Qualität von Schule und Bildung durch TIMMS und PISA haben zu einem politischen Handlungsdruck geführt, sich – unabhängig von den konkreten Vorhaben – als handlungsmächtig zu zeigen, und dies führt zu einer operativen Hektik auf der Ebene der Administration, die sie dazu zwingt, sich nicht auf Rahmenvorgaben zu beschränken, sondern in das operative Geschäft der Schule einzugreifen. | ||
Einige Situationen: | Einige Situationen: |
Version vom 8. Oktober 2021, 16:39 Uhr
Grundannahmen
Das Personalwesen ist eine in allen Organisationen vorhandene Funktion, deren Kernaufgaben die Bereitstellung und der zielorientierte Personaleinsatz sind. In der BBS Bersenbrück wird das Personalwesen im wesentlichen durch die Kernaufgabe Personal führen dargestellt (vgl. Kernaufgabenmodell des Landes Niedersachsen). Dabei fördert die BBS die Kompetenz und die Kreativität des Personals und schafft eine Kultur der Verantwortung.
Personalentwicklung und Personalförderung dienen der Qualitätsentwicklung der Schule. Die Personalentwicklung ist deshalb strategisch auf die Schulentwicklung hin ausgerichtet. Es geht dabei insbesondere um die Weiterentwicklung der fachlichen und pädagogischen Professionalität der Bediensteten einschließlich der Leitung sowie der Fähigkeit zur Zusammenarbeit.
An der BBS Bersenbrück kommt dieser Kernaufgabe als ländliche Bündelschule eine besondere Bedeutung zu: Besondere Herausforderungen stellen vor allem die breite Palette an vorzuhaltenden Fähigkeiten und Professionen sowie die in fast allen Berufsfeldern im Verhältnis zu Monoschulen „dünne“ Personaldecke dar.
Für die BBS Bersenbrück gehören agile Schulentwicklung und Coaching untrennbar zusammen. Beide Konzepte entstammen einer ähnlichen Grundhaltung und einem ähnlichen humanistischen Menschenbild. Daher ist das Coachingkonzept der BBS Bersenbrück nicht ohne die Bindung an die agile Schulentwicklung zu sehen.
Agile Schulentwicklung
Die BBS Bersenbrück wird in den kommenden Jahren ihre Schulentwicklung agil gestalten. Obwohl das agile Management mittlerweile zum Standardrepertoire der Organisationsentwicklung gehört, ist „Agile Schulentwicklung“ bisher kein etablierter Bestandteil des erziehungswissenschaftlichen Diskurses oder gar ein empirisch erforschter Terminus. Betrachtet man allerdings die Entwicklungswellen des Agilitätsbegriffs, so lässt sich dessen Verwendung zunächst systemtheoretisch klären und wissenschaftlich begründet auch zur Spezifizierung eines Schulentwicklungshandelns und -denkens rechtfertigen.
Talcott Parsons (1951) erörterte sein AGIL-Schema noch als Akronym für Adaption, Goal Attainment, Inclusion und Latency im Kontext seiner Systemtheorie von Organisationen Mitte des letzten Jahrhunderts.
Mit Blick auf den heutigen Sprachgebrauch können für die folgenden Jahre drei Entwicklungswellen eines Konzepts der Agilität unterschieden werden (Häusling & Fischer, 2016, S. 28):
a) Agile Manufacturing (1991 ff.; Optimierung von Produktionsabläufen),
b) Agile Software Development (2001 ff.; Agiles Manifest und zwölf Prinzipien) und
c) Agile Organisation (2010 ff.; Transformationskonzept).
Agilität wird demnach seit beinahe 70 Jahren in Akzentuierungen divergent eingesetzt, erlebt aber durch gegenwärtige Megatrends in der Arbeitswelt eine immens hohe Beachtung in organisationstheoretischen Untersuchungen und insbesondere als pragmatisches Konzept für Change-Prozesse in Unternehmen. Dabei bleibt der Begriff in zahlreichen Publikationen unscharf und wird wohl auch deshalb und nicht nur aufgrund der hochfrequenten Nutzung als Modebegriff bzw. „buzzword“ (Majkovic, 2019, S. 11) relativiert.
Aus wissenschaftlicher Sicht bezeichnet Agilität die „Fähigkeit einer Organisation, sich kontinuierlich an ihre komplexe, turbulente und unsichere Umwelt anzupassen“ (Goldman et al., 1995) und bei Veränderungen schnell und proaktiv unter dem Fokus der Kundenzufriedenheit zu (re-)agieren (Brown & Agnew, 1982; Förster & Wendler, 2012).
Für den schulischen Kontext ist nach Auffassung der Schulleitung der BBS Bersenbrück eine Verwendung der Agilität auf der Basis dieser kurz skizzierten Erklärung sachlogisch.
Insbesondere der aktuelle Bedeutungskontext von Agilität in Bezug auf Transformationskonzepte trifft die Bedürfnisse von Schulentwicklung inmitten dynamischer Veränderungen wie etwa Digitalisierung, Inklusion, Berufswelt-Diruption und -aktuell- der Pandemie. Eine agile Schulentwicklung ist dabei eine Schulentwicklung, die kein geplantes Change-Management „über mehrere Jahre“ (Buhren & Rolff, S. 277) betreibt, sondern einen Change mit inkrementellen Zielen initiiert und iterativ unterstützt (Maximini, 2018, S.49-51). Ein Verfahren, welches ind er Softwareentwicklung schon seit Jahre üblich sit.
Spezifisch agile Methoden wie etwa Design Thinking, Scrum oder Lean Startup prägen einen Kulturwandel in der Schulentwicklung (Hofert & Thonet, 2019; Schmidberger et al., 2019, S. 19-22), die mit linearen Herangehensweisen zunehmend Schwierigkeiten bekommt (Kaiser, 2019), die Zukunftsfähigkeit von Schule in der VUCA-Welt (Gerhardt, 2019; Puma 2020, S. 116) zu sichern. Schulen bzw. Schulleitende stehen vor der Aufgabe, ihre Organisation systemisch und systematisch so in Funktion zu setzen, dass relevante Einflüsse möglichst unmittelbar in erfolgreichen Transformationen münden.
Schulentwicklung gerade an Bündelberufsschulen muss vermehrt mit noch intransparenten Zielen umgehen, die sich durch hochfrequent auftretende äußere Einflüsse und wechselnde Anforderungen ergeben (Wippermann et al. 2020, S. 27) und ein „traditionell konformistisches Paradigma“ überwinden (Laloux, 2015, S. 22). Eine zentrale Rolle spielen hierbei Kooperationen in einem agilen Mindset der Partizipation, um Innovationen antizipativ und auch initiierend zu fördern.
„Agile Schulentwicklung“ arbeitet iterativ, inkrementell, transparent, partizipativ, kollaborativ, fokussiert, reflektiert und strukturiert (Schmitz, 2018). Mit ihr eigenen Methoden setzt sie (frei nach: „Agiles Manifest“, Sutherland et al., 2001) folgende Prämissen, ohne dabei die jeweils anderen Prinzipien (siehe auch: Rolff, 2007, S. 77) auszuschließen:
- Individualisiertes und kollaboraatives Lernen vor Prozessen und Methoden
- Kompetenzorientierter Lernerfolg vor Dokumentationen
- Partizipation und Feedback vor Hierarchien
- Flexible Adaption und kreative Gestaltung vor Planmäßigkeit und Verwaltung.
Chancen und Risiken
Rechtliche Einordung
Die Schul- und Schulleitungsforschung geht in der Regel davon aus: Die Schulleiterin oder der Schulleiter führt die Schule – nicht selten nach dem Modell: Schulleitung hat Visionen, sorgt durch Kommunikation und Partizipation für deren Vergemeinschaftung, setzt sie in der Schule um. Ein solches Top-down-Modell ist kein Modell für wirksame Führung, denn Führung ist eine gemeinsame Konstruktion aller an Schule Beteiligten und die Aufgabe von Schulleitung ist es, einen Prozess zu gestalten, in dem im Austausch von Sichtweisen die Führung von Schule gemeinsam konstruiert wird.
In der Alltagspraxis von Schulleitung stellt sich die Frage noch einmal anders: Es geht nicht nur darum: Wer führt die Schule?, sondern um die Frage: Wer führt die Schulleitung? Führt sie sich selbst oder wird sie von anderen geführt? Dabei geht es um drei Ebenen:
- Führung von oben, durch die Vorgaben des Schulministeriums
- Führung von unten, durch die Lehrerinnen und Lehrer und die weiteren Anspruchsgruppen der Schule – durch Erwartungen und Einflussnahme, um die mit Schulleitung verbundene Hierarchiemacht für die eigenen Zwecke und Ziele auszunutzen
- Führung durch sich selbst – durch die Arbeitsorganisation, das Zeitmanagement und den Umgang mit Störungen.
Die Schulleiterin oder der Schulleiter befindet sich in einer problematischen SandwichPosition: Sie oder er hat einerseits innerhalb der Schule eine exponierte Machtposition und darf sie andererseits nur nutzen, um vorgegebene Ziele, Zwecke und Verfahrensweisen umzusetzen.
Dies kann zu einer widersprüchlichen Wirkung bei der Selbst- und Fremdwahrnehmung führen: Während die Lehrpersonen, die Schülerinnen und Schüler sowie Betriebsvertretungen und Eltern vorrangig ihre oder seine Hierarchiemacht wahrnehmen, erlebt sie oder er sich eher als ohnmächtig; denn statt sinn- und zielorientiert Entscheidungen treffen zu können, muss sie oder er sich zunächst vergewissern, welche Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu beachten sind. Und je enger diese Vorschriften gefasst sind, umso mehr wird sich die Schulleiterin oder der Schulleiter nur noch als jemand erleben, der nachzuvollziehen hat, was andere vorgeschrieben haben. Die Erfahrung mit dem Schulrecht in Niedersachsen zeigt: Die Sandwich-Position wird durch den Widerspruch zwischen der rhetorischen Ebene – Eigenverantwortung von Schule – und der tatsächlichen Steuerung – enge Vorgaben mit Eingriffen ins operative Geschäft verschärft.
Dafür gibt es mehrere Gründe:
- Sich von der Vorstellung zu verabschieden, man wisse besser als die Akteure vor Ort, was gut für die Schule und die Schülerinnen und Schüler ist, fällt schwer, denn – so die Überzeugung in hierarchischen Organisationen – je höher die Position in der Hierarchie, um so mehr Überblick hat man und umso besser weiß man, was für alle (und nicht nur für einzelne vor Ort) gut ist.
- Die Gleichbehandlung als wesentlichen rechtsstaatlichen Grundsatz zu gewährleisten und Willkür auszuschließen, setzt generelle Vorschriften voraus, die sich nicht nur auf die strategische Zielorientierung, sondern auch auf die Wahrnehmung des operativen Geschäfts beziehen.
- Die mediale Aufmerksamkeit für die Qualität von Schule und Bildung durch TIMMS und PISA haben zu einem politischen Handlungsdruck geführt, sich – unabhängig von den konkreten Vorhaben – als handlungsmächtig zu zeigen, und dies führt zu einer operativen Hektik auf der Ebene der Administration, die sie dazu zwingt, sich nicht auf Rahmenvorgaben zu beschränken, sondern in das operative Geschäft der Schule einzugreifen.
Einige Situationen:
• Tag der offenen Tür an der neuen Gesamtschule im Ort: Lehrerin kommt aufgeregt zum
Schulleiter: „Auf der Gästetoilette liegt ein Stück Scheiße auf dem Boden.“
• Lehrerin kommt ins Schulleiterbüro: „Die Aula ist nach der Infoveranstaltung der Oberstufe gestern Abend total vermüllt. Ich habe jetzt Unterricht.“
• Vater spricht den Schulleiter im Sekretariat an: „Mein Sohn hat mich angerufen, dass er
von einem Lehrer als „Arschloch“ bezeichnet worden ist. Das lassen wir uns nicht gefallen.“
• Eine Mutter ruft an und beklagt sich darüber, dass ein Lehrer ihrer Tochter vor der Klasse
gesagt habe, sie gehöre nicht aufs Gymnasium. Mitschüler könnten das bezeugen.
• Die Tür des Schulleiterbüros neben dem Sekretariat ist offen. Mit der Wendung: „Haben
Sie mal eine Minute…“ wenden sich mehrere Lehrkräfte an den Schulleiter.
• Die Lehrkräfte fragen im Tür-und-Angel-Gespräch nach, ob sie für eine Fortbildung Sonderurlaub bekommen oder ob sie wegen eines Arzttermins von der Teilnahme an der
nächsten Lehrerkonferenz befreit werden können.
• Eine Lehrerin kommt zu Beginn des Schuljahrs aufgeregt in das Schulleiterbüro (die Tür
steht offen) und beschwert sich über das Verhalten in einer Klasse, in der sie neu eingesetzt worden ist und die keinerlei Regelbewusstsein zeige. Das Verhalten einzelner Schüler führe dazu, dass Unterricht kaum noch möglich sei und das Recht auf Unterricht der
Mitschülerinnen und Mitschüler massiv beeinträchtigt werde.
Orientierung für den Umgang mit solchen Situationen:
Klären Sie die Erwartungen, die an Sie gestellt werden. In der Regel möchten die Personen in einer belastenden Situation entlastet werden (das ist legitim und darauf müssen Sie eingehen) und sie möchten, dass Sie ihnen ihr Problem abnehmen (das ist nicht legitim und das müssen Sie angemessen zurückweisen und umdeuten).
Ziele klären:
a) Rollenklare Teilung der Verantwortung bei der Problemlösung
b) Sicherung der eigenen Autonomie und der Selbstführung statt der Führung durch andere
Zuständigkeiten klären:
Was ist Ihr Job, wofür sind Sie als Schulleiter/in verantwortlich und wofür nicht?
4) Klären Sie situativ geeignete Interventionen, die dem Gegenüber das Gefühl geben, mit seinem Anliegen und seiner Belastung ernst genommen zu werden, und die Falle vermeiden, sich führen zu lassen und das Problem abzunehmen.
Beispiele:
„Was haben Sie bisher getan, um das Problem zu lösen?“
„Haben Sie Ideen, wie Sie das Problem lösen wollen und lösen können?“
„Was genau erwarten Sie jetzt, dass ich tun soll?“
Die eigene Autonomie und Selbstführung zu sichern setzt voraus, dass ich das Verhältnis von Person und Rolle als Schulleiter/in geklärt habe:
- Was hilft mir, die eigene Führungsfähigkeit zu sichern?
- Was macht es mir schwer, die eigene Führungsfähigkeit zu sichern?
Zielgruppe
Lehrkräfte
Bildungsgangs- und Fachgruppenleitung
Reflecting Team (z.B. Arbeit am schuleigenen Curriculum) oder kollegialer Fallberatung Hinweise zur kollegialen Beratung
Erfolgsteams initiieren
Erweiterte Schulleitung
Daily SCRUM
Lehrkräfte in der Probezeit
Für Lehrkräfte im Beamtenverhältnis beträgt die Probezeit drei Jahre. In den ersten drei Jahren werden die Lehrkräfte eng in ihrer Entwicklung begleitet. Daher gibt es an der BBS Bersenbrück ein Verfahren für die Probezeit der Lehrkräfte. Für die Probezeit wurde vom Kultusministerium ein umfangreicher Leitfaden für den Berufseinstieg erstellt. Die rechtlichen Vorgaben für die Probezeit sind übersichtlich in einem Merkblatt für Beamte zusammengefasst.
An den BBS Bersenbrück wird dieser formalisierte Teil der Probezeit um den gezielten Einsatz von Coachingelementen erweitert. Den Berufseinsteiger*innen soll damit ein möglichst problemlosen Einstieg in das Berufsleben ermöglicht werden.
In einem ersten Gespräch erfolgt ein freier Austausch über das "Ankommen" in der Schule.
Ab dem zweiten Gespräch bekommen die Lehrkräfte zwei Aufträge:
- Sie sollen sich ein berufliches Ereignis notieren, welches sie ganz besonders in ihrer Berufswahl gestärkt hat (Jippi-Gefühl).
- Sie sollen sie ein berufliches Ereignis notieren, welches ihnen Unbehagen in ihrer Berufswahl erzeugt hat (Grumpf-Gefühl).
Dieses zweite Gefühl wird als ein Anlass/Anliegen verwendet, um mit der Lehrkraft ein Coaching dazu durchzuführen. Hierzu eigenen sich je nach formuliertem Anlass bestimmte Werkzeuge, die nicht mehr als 90 Minuten dauern. Bei weitergehenden Erfordernissen sollte ein weiterer Termin vereinbart werden, oder der Kontakt zu einem anderen Coach hergestellt werden.
Mögliche Anlässe und Werkzeuge: Speed-Coaching geht immer :-)
Anlass/Anliegen | Wofür? | Tool |
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Ich arbeite bis spät in die Nacht | Zeitmanagement |
Ankerintegration |
Ich fühle mich unsicher, wenn Schüler nicht ruhig werden | ||
Beim Ausbildersprechtag hatte ich Angst, meine Noten begründen zu können | Angst | Innere Landkarte
Ankerintegration Dissoziieren |
Immer wenn ich in die Klasse xy gehe, kann ich die Nacht vorher nicht schlafen | Angst | |
In bestimmten Situationen wäre ich gern viel spontaner, aber eine schlagfertige Antwort fällt mir immer erst später ein | ||
Kontextreframing | ||
Schüler
Coachinganlässe
Kollegiale Beratung
Score
Bildungsgangsarbeit
Coachingwerkzeuge
Speedcoaching
Ankermethode
Coaching-Hof
Der Coachinghof bietet ein Bild, welches den ganzheitlichen Ansatz des coaching an der BBS spiegelt.
Coachinganlässe
Coachingwerkzeuge
Speedcoaching
Ankermethode
Dokumentation
Literatur
Brown, J. & Agnew, N. (1982). Corporate Agility. Business Horizons. 1982 (25). S. 29-33.
Buhren, C.G. & Rolff, H.-G. (2018). Handbuch Schulentwicklung und Schulentwicklungsberatung. Weinheim
und Basel: Beltz.
Förster, K. & Wendler, R. (2012). Theorien und Konzepte zu Agilität in Organisationen. Dresden. (Dresdner
Beiträge zur Wirtschaftsinformatik, Nr. 63/12)
Gerhardt, C. (2020). Leben in der VUKA-Welt. In Gerhardt, C., Zeitlose Elemente der Führung. Psychologisch
sicher führen im Wandel (S. 3-5) Wiesbaden: Springer.
Goldman, S., Nagel, R., Preiss, K., & Warnecke, H. (1995/1996). Agil im Wettbewerb: Die Strategie der
virtuellen Organisation zum Nutzen des Kunden. Berlin, Heidelberg: Springer.
Häusling, A., & Fischer, S. (2016). Agilität – Trend oder Erfolgsmodell? . Wirtschaft & Weiterbildung (11/12),
S. 28-31.
Häusling, A. & Rutz, B. (2017). Agile Führungsstrukturen und Führungskulturen zur Förderung der
Selbstorganisation – Ausgestaltung und Herausforderungen. In von Au, C. (Hrsg.), Struktur und Kultur
einer Leadership-Organisation. Holistik, Wertschätzung, Vertrauen, Agilität und Lernen (S. 105-122). Wiesbaden: Springer.
Hofert, S. (2018). Das agile Mindset. Mitarbeiter entwickeln, Zukunft der Arbeit gestalten. Berlin: Springer Gabler.
Hofert, S. & Thonet, C. (2019). Der agile Kulturwandel. 33 Lösungen für Veränderungen in Organisationen.
Wiesbaden: Springer Gabler.
Huber, M. (2019). Schule agil entwickeln – Mode oder Zukunft? PaedF – Pädagogische Führung. Zeitschrift
für Schulleitung und Schulberatung. 2019 (05). S. 182-186.
Kaiser, H. (2019). Wie zukunftsfähig ist die Schule? PaedF - Pädagogische Führung. Zeitschrift
für Schulleitung und Schulberatung. 2019 (05). S. 161.
Laloux, F. (2015). Reinventing Organizations. Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der
Zusammenarbeit. München: Vahlen.
Majkovic, A.-L. (2019). IAP Studie 2019. Agile Arbeits- und Organisationsformen in der Schweiz. Ergebnisse
der qualitativen Interviews. Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften – Institut für Angewandte Psychologie.
Maximini, D. (2018). Agile Leadership in Practice. Applying Management 3.0. Norderstedt: BoD.
Rolff, H.-G. (2007). Studien zu einer Theorie der Schulentwicklung. Weinheim und Basel: Beltz.
Parsons, T. (2005). The social system. London: Routledge.
Puma, J. U. (2020). Unternehmen erfolgreich transformieren. Erfolgsfaktoren kennen und eigene Stärken
ausbauen. Stuttgart: Schäffer Poeschel.
Schmidberger, I. & Stricker, T. & Wippermann, S. (2019). Design Thinking in der Unterrichts- und
Schulentwicklung. Handlungsfelder und Gestaltungsmöglichkeiten im Schulmanagement. b:sl. Beruf: Schulleitung. 2019 (01). S. 19-22.
Schmitz, A. (2018). Agiles Arbeiten – Worüber reden wir hier überhaupt? Fachtagung des ZWW der Universität
Bielefeld. Zugriff am 28.02.2020 unter
https://www.bgm-bielefeld.de/downloads/ws181115bgm31415.pdf
Sutherland, J. (2001). Manifest für Agile Softwareentwicklung. Zugriff am 29.02.2020 unter
https://agilemanifesto.org/iso/de/manifesto.html
Wippermann, S. & Stricker, T. & Schmidberger (2020). Agiles Mindset – agile Schulentwicklung
Konsequenzen für die Schulleitung. b:sl. Beruf: Schulleitung. 2020 (01). S. 27-29.